Samstag, 21. Juni 2008

Übernahme

Gestern Abend fing alles an. Nach dem hart erkämpften Sieg der Türken über die Kroaten kannte auch Basel kein Halten mehr. Noch nach 23 Uhr, einer Zeit, zu der der normale Schweizer schon mindestens eine Stunde schläft, füllten sich die Straßen mit Menschen, Autos und roten Flaggen mit dem weißen Halbmond. Basel war mal wieder rot-weiß und es gab nun auch hier Autocorsos. Aber fein ordentlich rund um die Innenstadt, die voller Fußgänger war. Die Überregulierung in diesem Land geht soweit, daß die Polizei eine so spontane Aktion wie ein Autocorso tatsächlich in geregelte Bahnen brachte und die fahnenschwenkenden Türken hübsch gegen den Uhrzeigersinn die Stadt umkreisen ließ. Die Gegenrichtung war vorsorglich für den Autoverkehr gesperrt worden. Und so umkreisten die Türken auf vorgegebener Strecke und hübsch in Reihe die Altstadt... Die ganze Nacht hindurch Hupen und "Türkie"-Rufe.
Dabei wurde die Basel schon zunehmend von einer anderen Farbe geentert. Die Holländer waren nach und nach eingetroffen und haben die gesamte Stadt, vor allem das Rheinufer, mit ihren orange-geschmückten Wohnmobilen in Beschlag genommen. Wer schon einmal in Basel war, weiß, daß es hier keine Parkplätze gibt. Diese wenigen und alle freien Ecken sind seit gestern zugeparkt, überall auf den Straßen Piquenique-Equipment wie Grill, Campingstühle und -tische, dazu orange Menschen soweit das Auge reicht. Es dröhnt und vibriert bis in mein abseitiges St. Johann. Tröten, holländisch skandierende und gröhlende Gruppen überall. Die Verkehrsnachrichten melden vor der Stadt aus allen Richtungen bis zu 5 km lange Staus, die Busse aus Deutschland und Frankreich kommen voller orangen Menschen in Basel an, die Bahnhöfe sind orange. Seit heute morgen ist die Hauptverkehrsader, die Mittlere Brücke, komplett orange. Von Weitem sieht man immer wieder orange Punkte von der Brücke in den Rhein stürzen, die springen aber wegen der Hitze freiwillig und werden nicht, wie ich zuerst dachte, wegen der Überfüllung einfach von der Brücke gedrängt. Nicht einmal mit dem Rad kommt man mehr hindurch, alles voller Menschen, die gesamte Innenstadt und angrenzende Bereiche sind komplett überfüllt und unbenutzbar. Man schätzt, daß annähernd so viele Holländer in Basel sind, wie die Stadt Einwohner hat. Also eine Verdopplung plus die 10.000 russischen Fans. Vor wenigen Tagen waren in Bern nach Eintreffen der holländischen Fans die Biervorräte erschöpft gewesen. Basel hatte indes Zeit sich vorzubereiten. Wir werden sehen, wie lange das Bier hier wohl reicht...
Die EM ist nun wirklich mit voller Wucht in der kleinen alten Stadt angekommen. Ich weiß nur nicht recht, was Basel weniger schadet, ein holländischer Sieg oder Niederlage...
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