Ich beginne zunehmend daran zu zweifeln, daß es in Basel je schneien wird. Bisher sinken die Temperaturen ja noch nicht einmal unter 5°C. Es regnet zwar ab und an, aber keine Aussicht auf Frost. Dazu die Aussage eines Deutschen, der schon zwei Winter hier verbracht hat, ohne daß es je geschneit hätte oder Minusgrade eingetroffen wären. Das erklärt auch die Palmen in einigen der hiesigen Vorgärten hinreichend.
Überhaupt ist das Wetter überraschend. Auch über den Tag betrachtet, nicht vorhersehbar. In Berlin hat man das Wetter, was sich morgens beim Aufstehen am Fenster zeigt mindestens diesen ganzen Tag lang. Das typische Novembergrau, den Nieselregen genauso wie strahlenden Sonnenschein. In Basel dagegen wechselt an einem Tag das Wetter meistens sogar mehrfach. Rein kleidertechnisch nervt das ungemein.
Nachtreise - 10. Dez, 00:39
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Während ich in dem Glauben, daß der Umzugswagen schon am Samstag die Grenze passiert hat, mich in völliger Zufriedenheit auf seine heutige Ankunft in Basel gefreut habe, hatten die Jungs ihn an der Grenze stehen gelassen und zunächst nur die zwei anderen Umzüge in die Schweiz mitgenommen.
Heute, während ich gerade 25 italienische Architekten herumführe ein Anruf: Sie stehen am Zoll und kommen nicht durch. Irgendetwas mit den Papieren...
Schon am Samstagmorgen hatte ich mit der lustigen Französin (Arbeitskollegin) alle Papiere im Original am Zoll hinterlegt. Da der Wagen aber nicht am Samstag über die Grenze gefahren ist... Die lustige Französin gibt mir ihre 25 Italiener dazu, geht Mittagessen, während ich die Tour mit allen 50 alleine beende, dann rasen wir (mal wieder) zum Zoll. In meiner Anwesenheit werden alle Papiere nocheinmal geprüft und für korrekt befunden. Dafür haben die Jungs 1h an der Grenze stehen dürfen. Der Zöllner telephoniert konspirativ und als wir mit dem Wagen durchfahren wollen: Bitte auf den Hof fahren, vorerst nur auf die Waage, dann sogar den Container öffnen. So ärgerlich die Situation ist, ich sehe das erste Mal seit 2,5 Monaten meine Sachen wieder und werde unpassenderweise ganz glücklich.
Neben uns packt ein anderer Umzug alle Pflanzen aus. Die dürfen nämlich nicht mit in die Helvetische Republik. ICH wußte das. Dafür haben wir einen Kasten Bier gleich vorn zu stehen und werden gefragt, ob in den Kisten noch mehr Alkohol sei. Ich denke an 2-3 Weinflaschen und sage tapfer nein. Die Jungs sagen, sie wollen das Bier erst bei der Übernachtung in Deutschland als Feierabendbier trinken. Daraufhin wird auch noch der Zählerstand und Fahrtenschreiber überprüft. Dann aber gibt es endlich alle Stempel auf meine Papiere und ab geht's nach Basel. Ich will den Jungs noch paar Empfehlungen geben, wo es lang geht, sie verweisen aber auf Lucie, den Navi, der sie bisher immer gut geführt hat. Wir landen dann aber direkt am nächsten Zoll und müssen ersteinmal nach Frankreich durchfahren, bevor wir dort wenden können. Wir sind also wieder in der EU hinausgefahren und plötzlich nicht mehr in der Schweiz! So ein Scheiß aber auch.
Bei der neuerlichen Einreise in die Conföderatio Helvetica werden wir dann aber erstaunlicherweise absolut überhaupt gar nicht mehr kontrolliert!
Schließlich landen wir mit zwei Stunden Verspätung vor meinem Haus und können ausladen. Ein paar Witze über Intelektuelle und ihre Bücherkisten muß ich mir zwar gefallen lassen, aber eigentlich ist es ganz lustig. Sie sagen, diese "Menge" an Umzugsgut wäre geradezu ein Geschenk für sie, obwohl meiner Meinung nach nicht ein Höckerchen zusätzlich in die Wohnung passen würde. Ich selbst passe ja kaum noch hinein und muß an das russische Märchen vom verlorenen Handschuh denken, in dem nach allerlei kleinen Tieren wie Maus und Frosch schließlich Fuchs, Wolf und Bär gemeinsam hineinkriechen... Außerdem berlinere ich mal wieder wie irre, lerne noch ein paar neue Nachbarn kennen und bin unheimlich froh, diesen Kraftakt überstanden zu haben.
Als sie nun endlich wegfahren und ich Sofa und Regale aufbauen will, muß ich feststellen, daß sämtliche Schrauben fehlen. Oh man! Da lob ich mir die Kommode und meinen alten Kleiderschrank, bei denen sowas nicht nötig ist....
Nachtreise - 3. Dez, 21:51
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Während ich heute 20 Spanier von 8.30 Uhr bis 17 Uhr betreut habe, hat sich meine Wohnsituation nocheinmal geändert. Die übernommene Freundin ist heute ausgezogen. Sie wird im Dezember nocheinmal für 10 Tage bei mir zu Gast sein. Heute habe ich die erste Miete überwiesen und bin anschließend in eine leere Wohnung heimgekehrt. Drei leere Räume, nur ein Stuhl, ein Tisch, eine geliehene Matratze, jeweils ein Topf, eine Tasse, ein Glas und einmal Besteck ebenfalls alles geliehen stehen mir dieses Wochenende als Ausstattung zur Verfügung. Ganze Picknicks könnten man abhalten, Tanzveranstaltungen. Oder die große Freundin in Berlin neidisch machen, indem ich die Weite der Räume genieße und mir das zukünftige Leben in ihnen vorstelle.
Für den ersten Advent habe ich vorerst nur eine Weihnachtskrippe aus Papier und werde mir morgen dazu eine Kerze kaufen. Dazu kann ich den Messias vom PC hören. Ein denkwürdiger erster Advent. :) Als erstes erwarte ich diesmal aber die Ankunft meiner Möbel am Montag....
Nachtreise - 30. Nov, 21:33
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Oh wie furchtbar! Endlich habe ich ein preisgünstiges Umzugsunternehmen und nun muß ich, um den Termin zu halten und zu gewährleisten, daß all meine Habe tatsächlich halbwegs zollfrei (und billig) in die Schweiz kommt, sooo viele Formulare beschaffen und ausfüllen, Einfuhrerklärungen, Ladelisten, Abmeldung in Berlin, Mietvertrag in Basel, Arbeitsvertrag und und und... Zum Kotzen. Gleichzeitig ist meine Chefin verreist und läßt sich von mir vertreten, so daß ich heute mehr als 10 Stunden im Museum war und neben dem mit meinen armen Eltern telefonieren, die dankenswerterweise den Umzug in Berlin organisieren. Und ich bin inzwischen völlig ko, schlecht gelaunt und kann immer nur hoffen, daß alles so laufen wird, wie geplant. Eigentlich müßte man ne Woche frei nehmen für den Kram.
Wenn alles klappt, reisen die Sachen am Donnerstag in Berlin ab und gelangen zunächst nach Bern und dann in ein Dörflein hier bei Basel, wo von anderen Kunden noch Transporte entladen werden. Dann ist in der Schweiz der gesetzliche Ruhetag (Sonntag) einzuhalten, an dem auch ein
Zügelunternehmen (siehe unter
Helvetismen) nicht
schaffen darf. Und schließlich wird am Montag endlich alles einen ersten Platz in der Baseler Wohnung finden.
Nachtreise - 28. Nov, 22:04
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Auf meiner täglichen Einreise nach Deutschland ist nicht nur der Busfahrer eine Attraktion. Manchmal wollen auch die Grenzbeamten das absichtlich unabsichtliche Wegschauen der Buspassagiere nicht hinnehmen und erzwingen sich Beachtung. Während also an den meisten Tagen der Bus am Zoll vorbeirollt, man ab und an einen verzweifelten Autofahrer (vorzugsweise jung, männlich und/oder mit nem VW Golf unterwegs) seine gesamte Habe auspacken sieht, haben auch wir immer mal Gelegenheit, uns irgendwie auf der Anklagebank zu fühlen. Die harmlose Variante ist die Ausweiskontrolle. Je nach Laune werde einzelne Ausweise einbehalten und ins Zollhäuschen mitgenommen, als Steigerung gibt es Fragen wie: "Ist Ihr Wohnsitz wirklich Berlin wie es auf dem Ausweis steht" (ich sage: ja), dann: "Was machen Sie in der Schweiz und warum fahren Sie mit dem Bus nach Deutschland" (meine Standartantwort: Freunde besuchen, einen Ausflug ins Museum machen). Find ich sehr unangenehm und obwohl ich nichts verbrochen habe, fühle ich mich unendlich schuldig. Neulich saß eine Kollegin neben mir, die ich morgens in Basel getroffen hatte. "Kennen Sie sich?" Ich sage ja und merke, wie sie zögert und es ihr unangenehm ist. Da wir als einzige Fahrgäste aber nebeneinander im Bus sitzen, wäre nichts anderes glaubwürdig gewesen... Vorgestern zieht ein Beamter nach der Kontrolle der Ausweise aller Männer um die 30 einen Typ aus dem Bus und seine Kollegin untersucht ausgibig den verlassenen Sitzplatz durch drunterschauen, in die Ritzen greifen usw.
Man kann was erleben im Bus nach Deutschland.
Nachtreise - 25. Nov, 01:04
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Für all diejenigen, die das letzte Berliner Konzert mit meinem Oktett verpaßt haben, gibt es hier als Geschenk für die graue Vorweihnachtszeit ein paar Reinhörer. Diesmal keine zarten tiefreligiösen Weisen, sondern etwas mit mehr Schwung...
Also einfach anklicken, viel Spaß!
Mr-Sandmann (mp3, 622 KB)
Moonglow (mp3, 884 KB)
Nachtreise - 23. Nov, 20:04
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Basel tickt anders. Das wissen wir schon. Sie feiern hier den Nationalfeiertag ja auch einen Tag früher, aber daß auf den Spätsommer gleich Weihnachten folgt? Der Herbst hatte hier nur eine Woche, um die Bäume zu entlauben und gerade haben wir das erste Mal Nachtfrost, da werden ganze Wälder abgeholzt und in die Altstadt getragen. Im
Basel-Guide brüstet man sich nicht nur mit der
besterhaltensten Altstadt Europas, sondern auch mit dem
größten Weihnachtsmarkt der Schweiz, mit der
längsten Weihnachtsstraße Europas. Und von letzterem bin ich inzwischen überzeugt. Seit diesem Wochenende (zwei Wochen vor dem 1. Advent) stehen hunderte geschmückte Tannen in Abständen von zum Teil nur 10 Metern in der ganzen Stadt. Kein Platz, keine Straße, keine Brücke, kein Geschäft und nur wenige Privathäuser sind schmucklos. Überall Tannen, Tannengrün, zarte Lichtlein, Sternenbögen, Lichterketten und Glitzervorhänge an den Fassaden. Unvorstellbar! Statistisch betrachtet gibt es à 50 Einwohner einen Weihnachtsbaum!
Berlin zur Weihnachtszeit wird mir fehlen mit den beleuchteten Linden und der sternenüberspannten Friedrichstraße. Aber ich werde dieses Jahr wohl auch auf meine Kosten kommen.

Dieses Bild habe ich am Samstag aufgenommen. Seit Montag sind auch alle Häuser mit Lichterketten versehen und der Sternenbogen leuchtet....
Nachtreise - 21. Nov, 22:16
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Bin heute soo froh und zufrieden, neun Stunden Arbeit und nicht müde mich zu freuen. Hab meine Museumsdamen lächelnd bezaubert, die Besucher mit Berliner Schnauze angefrecht und amüsiert und könnte permanent hüpfen.
Denn ich bin endlich angekommen. Endlich habe ich ein eigenes Zimmer. Endlich bin ich in der Wohnung, die mich für meine Baseler Zeit aufnehmen soll. Und sie ist soo schön und freundlich. Meine Möbel werden hier wie von selbst Platz nehmen. Es wird ein schönes zuhause sein.
Und der Empfang war wunderbar. Die übernommene Freundin hatte mir ein Bett gerichtet mit einer selbstgebastelten Willkommenskarte auf dem Kissen, mit Blumen auf dem Nachttisch und einer sorgfältigen Auswahl Lektüre. Darunter meine Christa Wolf, der Roman eines Schweizer Schriftstellers (Friedrich Glauser) und ein Krimi, der hier in unserem Viertel spielt. Folglich also die erste Nacht durchgequatscht und geschmökert und die zweite schon ganz zufrieden und ruhig geschlafen und heute nun merke ich mehr und mehr, wie gut mir das tut, hier zu sein, hierher zu kommen...
Und ich bin und bleibe glücklich wie ein Gummiball!
Nachtreise - 16. Nov, 21:07
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