Donnerstag, 24. Juli 2008

hier, bei uns

Nein, in diesem Beitrag soll es nicht darum gehen, daß ich noch immer darübr stolpere, wenn die Schweizer da sagen, obwohl sie hier meinen. In meinem Sprachgebrauch ist da weit entfernt und hier ist nah bei mir. Die Schweizer sagen da für die Nähe und dort für die Ferne, Wörter, die ich beide für Ferne verwende. Das führt zu feinsten Mißverständnissen kann ich sagen. Aber darum soll es ja eben nicht gehen...
Es geht in diesem Beitrag um meine flexible Verwendung der Worte "hier" und "bei uns". Je nach dem, mit wem ich spreche, meine ich damit Deutschland oder die Schweiz, mal Berlin, mal Basel. Ab und an spreche ich in meiner schweizer Wohnung von "hier", obwohl ich Deutschland meine. Erkläre ich sie damit zum exteritorialem Gebiet? Ab und an spreche ich im deutschen Museum von "hier" und rede aber gerade über die Schweiz. Das ist mit "bei uns" ganz das gleiche und soll entweder "in Berlin" heißen oder "hier unten", ich verwirre meine Gesprächspartner zunehmend, obwohl ich ganz genau weiß, welchen Gegensatz ich gerade betonen will. Ist das ein Anzeichen von Identitätsveränderung?
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Sonntag, 20. Juli 2008

Kino, Kino

Ein Kinobesuch in der Schweiz ist natürlich schon aus Prinzip anders, als einer in Deutschland. Abgesehen davon, daß man für gewöhnlich viel mehr zahlt (16-18 CHF = 10-12 €) gibt es noch weitere Auffälligkeiten. Die Filme laufen grundsätzlich im Originalton mit Untertiteln, mindestens mit deutschen und französischen, es gibt Gerüchte, man hätte auch schon englischen Originalton kombiniert mit Untertiteln in den vier Landessprachen gesehen, mir selbst jedoch reichen die grundsätzlich zweisprachigen Untertitel völlig aus, zumal auch so schon große Teile des Bildes unter der Schrift verschwinden. Die deutschen Untertitel sind übrigens mit Helvetismen wie Bostitch (Klammeraffe), Entscheid (statt Entscheidung) usw. gespickt. Was positiv auffällt ist die unglaublich kurze Werbeeinblendung vor dem Film. Nicht annähernd 30 min wie ich es aus Berlin kenne. Man ist quasi gezwungen pünktlich zu kommen. Die Werbung selber umfaßt dann sehr viel Diawerbung, also Standbilder mit dem Logo oder dem Schaufenster eines örtlichen Geschäftes ohne bewegte Bilder. Das ist im Gegensatz zur Deutschen Kinowerbung alles aber eher erheiternd als ermüdend. Was mich dann aber richtig erstaunt hat, ist die Unterbrechung im Film. Also auch bei normalen 90 min mit 5 min Werbung voraus wird in den kommerziellen Kinos eine Pause von 10 min eingelegt, um Eis und Popcorn zu kaufen, auf die Toilette zu gehen oder in die Luft zu schauen, bis der zweite Teil beginnt. Das kenne ich nur von Filmen mit enormer Überlänge, wie "Herr der Ringe" o.ä.. Komisch das. Ist aber vermeidbar, wenn man in eines der kleinen Programmkinos geht, deren Spielplan eh interessanter ist.
Meine Empfehlung aus den letzten Abenden: "Mrs. Pettigrew lives for one day". Mit tollen Schauspielern wie Francis Mc Dormand, sehr lustig und melancholisch zugleich, tolle Bilder, ein gelungener Abend. Fragt mich nur nicht, wie der Film in Deutschland heißt. Denn hier werden nur Originaltitel verwendet und: Obwohl hier nicht auf die synchronisierten Fassungen aus Deutschland zurückgegriffen wird und die Untertitelung meiner Meinung nach doch weniger Zeit beanspruchen müßte, sind die Laufzeiten nicht mit denen in Deutschland zu vergleichen. Filme laufen bis zu sechs Monate versetzt, mal früher, mal später als in Berlin, aber immer viel kürzer, nur sehr wenige Wochen, so daß man sich sehr hetzen muß, damit man seinen Wunschfilme auch tatsächlich sehen darf.... Freizeit kann soo stressig sein... ;)
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Sonntag, 13. Juli 2008

national hier regional

Frankreich spielt in meinem Leben im Dreiländereck bisher eher eine untergeordnete Rolle. Wenn man mit dem Auto zu mir kommt und sich nur leicht verfährt, landet man schnell mal an einem Bienvenue-Schild, aber das passiert mir nun weniger. Sicher, im Museum merken wir die französischen Ferien deutlich und am Samstag sind in Basel die Geschäfte voller Frogs und ich habe auch schon Ausflüge ins Nachbarland unternommen. Bis auf die Tatsache, daß ich bei schlechtem Wetter ab und an in meiner Wohnung via SMS in Frankreich begrüßt werde (weil das Mobilnetz dann vom schweizer Anbieter zum französischen wechselt, ohne daß ich mich bewegt hätte), verdränge ich die Nähe zu Frankreich gewöhnlich ein wenig.
Gestern Abend aber, als wir in lustiger Plauderrunde bei mir saßen, fängt es draußen plötzlich zu knallen an. Klingt wie Feuerwerk. Ist auch eines, aber nicht wie gedacht über Basel sondern über St. Louis, der französischen Nachbarstadt. Dort wird am Montag der Nationalfeiertag (14.07.) begangen und anscheinend im Vorfeld schon mal ordentlich geknallt und das beste: Wir konnten es bequem von meinem Wohnzimmer aus verfolgen. Das nächste Feuerwerk ist dann erst wieder in zwei Wochen, zum Nationalfeiertag der Schweiz am 1. August. Was für 'ne kleine Welt!
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Marathon

Die befürchtete Isolation von meinen Berlinern war wohl eine unbegründete Sorge... Ich stecke gerade mitten in einem Besuchermarathon, der vor zwei Wochen begann. Den Anfang machte die Reise-Freundin. Sie hat - wie schon einige Berliner vor ihr - eine Reise durch den Süden geplant, all ihre verschollenen Berliner hier unten mal wiederzutreffen. Dabei muß ich mal in die Runde fragen, wieso immer die Berliner weggehen, derweil Schwaben und andere unsere Stadt in Beschlag nehmen? Das muß aber mal an anderer Stelle separat erörtert werden... Die Reise-Freundin gab nach drei Tagen meinen Eltern die Klinke in die Hand, die mein restliches zerbrechliches Umzugsgut in die Schweiz exportierten und hier neben mir auch weitere schweizer Verwandschaft aufsuchten. Das hat mir neben dem guten Geschirr eine schöne Fahrt durch die Romadie gebracht, die ich jetzt in Wochenendtagesausflügen unbedingt nochmal vertiefen werde. Und nun haben sich meine Eltern und die Geigen-Freundin gestern bei mir getroffen, so daß direkt Heimatgefühle aufkamen bei vier Berlinern in meiner Wohnung...;) Nebenbei habe ich erfahren, daß die Diplom-Freundin schändlicherweise auch gerade nur 60 km entfernt geurlaubt hat, aber nur überlegt hatte noch vorbeizuschauen. Wie auch immer, am kommenden Mittwoch werde ich 2,5 Wochen hintereinander Besuch gehabt haben.
Klingt anstrengend? Ist es aber gar nicht. Anders als in Berlin habe ich hier viel mehr Zeit für jeden. Man kann in Ruhe reden, Ausflüge machen und wirklich Zeit miteinander verbringen. Ich bin bloß froh, daß die Basler Wohnung ausreichend Zimmer bietet, obwohl ich nie, nie, nie gedacht hätte, daß sich doch so häufig Leute hierher verirren. Daß es nun anders ist, freut mich ungemein! ;)
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Montag, 30. Juni 2008

Hola!

Anscheinend lebe ich im spanischen Viertel von Basel. Das war mir bisher nicht so sehr bewußt. Die EM hat es aber gezeigt. Nie hat es in meinem ruhigen St. Johann nach irgendeinem EM-Spiel Autocorsos gegeben. Für Baseler Verhältnisse sind wir dafür viel zu sehr in Randlage. Aber nach jedem spanischen Spiel verirrten sich mehr hupende Wagen bis in meine Straße. Und gestern nach dem EM-Sieg dauerte die Lärmerei die halbe Nacht an und hörte erst auf, als die Müllabfuhr die Straßen donnernd in Beschlag nahm...
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Mittwoch, 25. Juni 2008

Fan wider Willen

Wer mich kennt, weiß, daß ich nicht soo der große Fußballfan bin. Ich habe bei der WM in Berlin vor zwei Jahren gelernt, daß es auch eine kultivierte Art gibt, diesen Sport zu schauen und daß das mit Freunden auch Spaß machen kann. Ich habe kein Fähnchen draußen, finde auch die deutschen Fußballspieler nicht irrsinnig sympatisch. In Berlin gehört man damit zur Opposition, was sich immer interessanter anfühlt, als wenn man in der Masse mitschwimmt. Hier aber, beim heutigen Spiel gegen die Türkei wird nur für die Türken gejubelt. Kein Schweizer würde je für den großen Nachbarn bangen, da können die Türken das Jahr über noch so unbeliebt sein, wenn sie gegen die Deutschen spielen, dann bangen die Eidgenossen ebn für die Muselmänner...
Und tatsächlich, die Freudenschreie und Jubelrufe, die man
beim Gang durch die Straßen in der Stadt vernehmen konnte, erfolgten nur nach türkischen Toren...
Ich werde da schließlich doch ein wenig patriotisch und habe mich schon allein wegen der Schweizer Ablehnung gefreut, daß die Türken unterlegen waren. Da frage ich mich, wieso so viele Deutsche in die Basler Fanzonen strömen und in der Stadt ein Fest veranstalten wie die Holländer. Dafür hatte die Schweiz sich, anders als Österreich und der Rest Europas Sonderrechte für alle Übertragungen zusichern lassen und war vom Sendeausfall, der ganz Europa für Sekunden den Atem anhalten ließ, überhaupt nicht betroffen... So mußten die Schweizer den deutschen Sieg ohne Unterbrechung verfolgen, wenn auch die Kommentare des schweizer Moderators immer wieder seine Ablehnung der deutschen Mannschaft verdeutlichten. Da muß man irgendwann auch als Deutscher einfach Nationalstolz entwickeln, oder?
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Dienstag, 24. Juni 2008

Kolleginnen

Die eine schüttet mir heute vor meiner Gruppe (versehentlich) frischen heißen Kaffee über mein weißes Shirt (zum Glück hatte ich noch eins in Reserve dabei) und schon melden sich drei andere und erklären mir, wie man den Fleck entfernt bzw. daß sie ihn für mich entfernen könnten... ;)
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Samstag, 21. Juni 2008

Übernahme

Gestern Abend fing alles an. Nach dem hart erkämpften Sieg der Türken über die Kroaten kannte auch Basel kein Halten mehr. Noch nach 23 Uhr, einer Zeit, zu der der normale Schweizer schon mindestens eine Stunde schläft, füllten sich die Straßen mit Menschen, Autos und roten Flaggen mit dem weißen Halbmond. Basel war mal wieder rot-weiß und es gab nun auch hier Autocorsos. Aber fein ordentlich rund um die Innenstadt, die voller Fußgänger war. Die Überregulierung in diesem Land geht soweit, daß die Polizei eine so spontane Aktion wie ein Autocorso tatsächlich in geregelte Bahnen brachte und die fahnenschwenkenden Türken hübsch gegen den Uhrzeigersinn die Stadt umkreisen ließ. Die Gegenrichtung war vorsorglich für den Autoverkehr gesperrt worden. Und so umkreisten die Türken auf vorgegebener Strecke und hübsch in Reihe die Altstadt... Die ganze Nacht hindurch Hupen und "Türkie"-Rufe.
Dabei wurde die Basel schon zunehmend von einer anderen Farbe geentert. Die Holländer waren nach und nach eingetroffen und haben die gesamte Stadt, vor allem das Rheinufer, mit ihren orange-geschmückten Wohnmobilen in Beschlag genommen. Wer schon einmal in Basel war, weiß, daß es hier keine Parkplätze gibt. Diese wenigen und alle freien Ecken sind seit gestern zugeparkt, überall auf den Straßen Piquenique-Equipment wie Grill, Campingstühle und -tische, dazu orange Menschen soweit das Auge reicht. Es dröhnt und vibriert bis in mein abseitiges St. Johann. Tröten, holländisch skandierende und gröhlende Gruppen überall. Die Verkehrsnachrichten melden vor der Stadt aus allen Richtungen bis zu 5 km lange Staus, die Busse aus Deutschland und Frankreich kommen voller orangen Menschen in Basel an, die Bahnhöfe sind orange. Seit heute morgen ist die Hauptverkehrsader, die Mittlere Brücke, komplett orange. Von Weitem sieht man immer wieder orange Punkte von der Brücke in den Rhein stürzen, die springen aber wegen der Hitze freiwillig und werden nicht, wie ich zuerst dachte, wegen der Überfüllung einfach von der Brücke gedrängt. Nicht einmal mit dem Rad kommt man mehr hindurch, alles voller Menschen, die gesamte Innenstadt und angrenzende Bereiche sind komplett überfüllt und unbenutzbar. Man schätzt, daß annähernd so viele Holländer in Basel sind, wie die Stadt Einwohner hat. Also eine Verdopplung plus die 10.000 russischen Fans. Vor wenigen Tagen waren in Bern nach Eintreffen der holländischen Fans die Biervorräte erschöpft gewesen. Basel hatte indes Zeit sich vorzubereiten. Wir werden sehen, wie lange das Bier hier wohl reicht...
Die EM ist nun wirklich mit voller Wucht in der kleinen alten Stadt angekommen. Ich weiß nur nicht recht, was Basel weniger schadet, ein holländischer Sieg oder Niederlage...
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Donnerstag, 19. Juni 2008

EM-Stadt

Ein paar Spiele hatten wir ja bereits in Basel, meistens mit Niesel- bis Platzregen. Das waren dann vor allem die wenigen Spiele der schweizer Nati. Das ist übrigens die hier gebräuchliche Abkürzung für Nationalmannschaft und man spricht sie Nazi aus, so daß hier in den Straßen immer "Schwiizer Nazi" skandiert wurde, was einen auch nur ansatzweise politisch gebildeten Deutschen wie ein Dolch durch die Brust fährt. Aber lassen wir das, seit dem vergangenen Wochenende gibt es keinen Grund mehr für diese Parole, die Schweizer sind in der EM Geschichte der am ehesten rausgeflogene Gastgeber überhaupt. Einen Rekord, den die Eidgenossen den Ösis vor der Nase weggeschnappt haben...
Aber zurück zum Wetter. Endlich scheint sich Basel auch an einem Spieltag von seiner besten Seite zu zeigen. Wir hatten heute strahlende Sonne bei knapp 30°C, die Stadt war bereits um 14 Uhr schwarz rot gold und der öffentliche Nahverkehr in der Innenstadt ist seit Mittag lahmgelegt. Dabei beginnt das Spiel erst um 20.45!!! Es sind sogar schon deutsche Autocorsos gefahren,nur die Portugiesen zeigen sich nicht. Dabei hatte man hier erst für Samstag auf einen Ansturm gehofft, wenn etwa 100.000 Orange in der Basel erwartet werden. Daß ich diese Stadt mal derart in deutscher Hand erleben dürfte, hatte ich bisher nicht gelaubt. Den Schweizern muß das ziemlich unheimlich sein, ist es doch eine ihrer Urängste...
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Berlin, Basel und ich

Ein Berliner in der Fremde

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