Sonntag, 16. November 2008

Die Schweiz ist lieb!

Am Mittwoch ist es passiert. Mein Glaube in die gute Schweiz wurde schwer erschüttert. Am Zischdig (Dienstag) war ich nämlich zum Konzert von Lambchop gefahren, wobei ich erstmals im Volkshaus am Claraplatz war. Ich bekam die Freikarte geschenkt, hatte ein gutes Konzert und sehe beim Verlassen des Gebäudes meine Tram vorfahren. Ganz als Reflex renne ich los und erreiche den Wagen vor Abfahrt. Und während wir über den Rhein tuckern, denke ich an mein Velo, mit welchem ich zum Konzert kam und das jetzt am Claraplatz steht. Ich bin zu müde um umzukehren, das wautscheenschte Velo bleibt über Nacht außer Haus.
Am anderen Tag will ich es nach der Arbeit wieder heimfahren. Am Morgen steht es noch lieb am Platz, aber am Abend ist es verschwunden. Ich könnte mich soo ärgern. Das schöne Rad, die schönen 900 CHF, aber vor allem das schöne Rad... Und einige Schweizer hatten sich noch lustig gemacht über mein fettes Schloss. Tja, seht Ihr mal - trotzdem geklaut! Ich suche den gesamten Platz ab, falls es jemand nur verstellt hat. Und diese Suche treibe ich weiter, nicht nur Mittwochabend, nein auch am Donnerstag früh, am Donnerstagabend, am Freitag früh... Da ich jeden Tag zweimal am Claraplatz vorbeikomme, wird das wohl ewig so weiter gehen.
Aber eine Woche später, am Freitagmorgen, tatasächlich, steht es, als wäre es nie weg gewesen, am selben Platz! Das wautscheenschte Velo hat zurückgefunden! Ich habe das Schloss zwar kaum aufbekommen (da hatte sich wohl jemand zu schaffen gemacht...), aber das tat meiner Freude keinen Abbruch. Ich nehme mal an, jemand hat das Rad heimgenommen und probiert, das Schloss zu knacken. Als es ihm nicht möglich war, hat er es wieder zurückgebracht. Was für ein liebes Land die Schweiz doch ist!
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Donnerstag, 13. November 2008

Volksoper

Bin mal wieder beim großen Konkurrenten gewesen. War in Zürich. Als Basler muß man Zürich hassen. Als der Chorfreund neben mir vom Bahnhof zum See die Bahnhofstraße entlangspazierte und wieder von der größten schweizer Stadt zu schwärmen begann, habe ich in einem plötzlichen Anfall von Basler-Patriotismus und einer typischen Berliner Großstädter-Arroganz den Drang verspürt, ihm Zürich madig zu machen. Hab ihn zum Verstummen gebracht und hinterher bei einer realistischeren Betrachtung (typisch ich: erst emotional, dann rational) mußte ich sehr über mich schmunzeln. Denn natürlich ist Zürich größer als Basel, die Geschäfte haben länger geöffnet, die Menschen scheinen eleganter gkleidet zu sein. Da Zürich (anders als Basel, welches schon im Mittelalter groß war) erst zum Ende des 19 Jh zu wachsen begann, sind viele der Gebäude und Straßenfluchten großzügiger, dazu der wunderbare Blick über den See... Aber: Basel hat sogar objektiv betrachtet die besseren Museen!
Warum aber waren wir in Zürich? Wir waren in der Oper, dem wichtigsten Haus der Schweiz, zur Volksoper. Die Theaterkarten sind gerade im Vergleich zu Berlin schwindelerregend teuer in der Schweiz. In Zürich also erst recht. Der Lebensmitteldiscounter Migros kauft etwa zehn Vorstellungen pro Saison komplett auf und gibt die Karten zu weniger als dem halben Originalpreis weiter, was in meinem Fall 45 CHF waren (ca. 30,- €). Ein wie ich finde äußerst gutes und soziales Angebot für hiesige Verhältnisse. In das Programm der Volksoper werden sämtliche aktuellen Produktionen aufgenommen, wir sahen die zwei Einakter "Il secreto di Susanna" und "Gianni Schicci".
Desweiteren habe ich ja am Basler Theater ein Studentenabo, wo wir als Gruppe für 7 Vorstellungen im Voraus je 120 CHF gezahlt haben (80,-€). So habe ich wenigstens die neuesten Produktionen hier zu einem unschlagbaren Preis gesehen!
Und bei manchen Veranstaltungen hatte ich auch einfach Glück: Im Stadtcasino waren mir und einer Chorfreundin die Karten einfach zu teuer, da sagte uns die Dame an der Kasse, eine Abonentin hätte Ihre Karten für diesen Abend zurückgegeben mit dem Wunsch, sie an zwei Studenten zu verschenken. Und es waren herrliche Plätze! Diese Woche stand ich bei einem Konzert im Volkshaus zufällig hinter einer Frau, die mir ihr zweites Freiticket anbot. Also: Glück muß man haben, dann ist die Schweiz auch erschwinglich... ;)
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Dienstag, 4. November 2008

Zu weit weg

Die große Freundin, selbsternannte Etagenprimel, schickt mir Grüße in meine "rosa Glückswelt". Das macht mich nachdenklich. Klar, ich bin froh, hier zu sein (es gibt nicht viele Städte, in denen ich mich so wohl fühlen würde wie in Basel), habe gute Menschen gefunden, die Berliner noch immer nicht ganz verloren und: für einen mit meinem Exotenstudium (Was willst Du denn damit später mal machen?) habe ich dann doch 'nen ganz guten Job gefunden, der mir Spaß macht und mich mit 'nem Haufen netter Kollegen und interessierten Touristen umgibt.
Wenn mir die Lieblingsschwester aber schreibt, daß sie endlich ihr Klavier vom Elternhaushalt in den ihren verfrachten konnte (und ich mich noch sehr daran erinnere, wie mein Klavier meine Wohnung zum zuhause gemacht hat), sie mir dann noch schreibt, daß unsere Mutter sie spontan besucht hat (was ich hier unten wohl kaum erwarten kann), wenn vom weit verstreuten Kunstgeschichtskleblatt immerhin zwei in Berlin zusammenkommen können, um wie in alten Zeiten einer Institutsfeier beizuwohnen (aber, Mädels: Keiner der Dozenten wird je wieder wie für uns Luftgitarre spielen oder Strumpfhosen tragen!) und wenn draußen seit mindestens zwei Wochen dieser Schweizer Nebel den ganzen Vormittag verdüstert (zum Glück klart es meistens auf, aber dann bin ich ja schon längst aufgestanden), dann habe auch ich ab und an kleine Heimwehattacken... Ja! Denkt Euch bloß!
Die große Freundin wird sagen: Alles Pille-Palle, schau mal auf andere in kleineren Orten mit weniger Sozialleben (oder so ähnlich... :)). Und sie hat recht! Aber der Vergleichsmaßstab bleibt dann doch meist man selbst und etwas Melancholie wird auch in diesem nebligem aber grünen 15°C-November erlaubt sein, oder?
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Donnerstag, 30. Oktober 2008

Bankenkrisentouchiert

Nachdem ja die Zeitungen schon wochenlang über die Bankenkrise schreiben, man sich in der Schweiz von Regierungsseite zunächst gar nicht weiter geäußert hat und argwöhnisch Angela Merkels Versprechen an die deutschen Sparer bekrittelte, nachdem die UBS als erste Schweizer Bank eine kräftige Finanzspritze bekam, ihre Kunden zur CS liefen, die inzwischen auch nicht mehr so gut dasteht und eigentlich nur die Kantonalbank die Krise einigermaßen überstanden hat, steht der Schweizer Franken plötzlich äußerst gut da. Am Montag war es der beste Stand seit Einführung des Euro. Seit ich hier in Basel ankam, ist der Schweizer Franken im Vergleich zum Euro im Wert immer nur gesunken, man bekam für einen Euro 1,71 Franken, momentan nur noch 1,43! An sich ist das egal, solange man im selben Land verdient, in dem man auch das meiste Geld ausgibt... Da ich Euro verdiene und in der Schweiz lebend Franken ausgebe, ist meine Miete bisher nur gesunken. Über das letzte Wochenende ist sie aber plötzlich um 56,-Euro angestiegen. Wahnsinn!
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Dienstag, 21. Oktober 2008

Streik zu meinen Ungunsten

Tja nun, aus der Reise nach Piemont, aus der Metropole Turin mit dem ehemaligen italienischen Königssitz und all den Schlössern der Savoyen ist leider nichts geworden. Die italienische Bahn hat gestreikt, also wurde die Unterkunft abgesagt und der Plan gefaßt nach Genf zu reisen... Sehr französisch, viele Cafés und viel schmutziger als erwartet, mit einem nahezu besucherleeren Kunstmuseum, aber schönen Geschäftsstraßen und wie gesagt sehr südfranzösischem Flair. So französisch übrigens, daß kein öffentliches Hinweisschild, kein Anschlag im Museum, keine Speisekarte auch nur ein deutsches Wort beinhaltete, während ich mich im Museum immer für Englisch und Französisch neben den deutschen Texten einsetze... Die anderen Tage wurden mit kleineren Ausstellungen in Basler Museen verbracht und mit mal wieder notwendigem Hausputz...
Dafür ist diese Woche für mich recht ruhig und ich komme endlich mal wieder zu etwas mehr konzeptionelleren Arbeiten.
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Mittwoch, 15. Oktober 2008

Versehen zu meinen Gunsten

Gestern schaue ich mit der Chefin das kommende Wochenende an, weil sie mich an meinen freien Tag, dem morgigen Donnerstag, einfach verplant hat. Dafür habe ich am Freitag frei. Auch nicht schlecht, mal zwei aufeinanderfolgende Tage, Freitag und Samstag frei zu haben. Aber nein, sogar der Sonntag ist frei! Also drei ganze Tage ohne Museum! Das hatte ich das letzte Mal im Frühsommer! Die Chefin ist verduzt, ich ebenso. Aber so steht es da und scheint zu funktionieren, egal ob Versehen oder nicht. Bis Weihnachten werde ich nicht mehr so viele Tage hintereinander frei haben.
Reaktionen der Kollegen: Sie warnen mich davor, daß ich drei Tage ohne meine Damen in ein emotionales Loch fallen könnte! Ich selbst werde ganz hibbelig und plane gleich gestern Abend einen Kurztrip. Wohin, wohin? Es wird Turin! Freu, freu, freu! Ein Kurzurlaub so unerwartet! Juhuu!
Reaktion der Geigenfreundin: Sie versteht gar nicht, daß ich nicht mal ruhig an einem Ort bleiben und mich entspannen kann. Na das mach ich doch dann einfach in Italien!
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Dienstag, 14. Oktober 2008

Schon wieder!

Habe vor lauter Arbeit eine ganze Menge Ereignisse, wie die Krise zwischen der Schweiz und Libyen, die Bankenkrise, den selbstverschuldeten Tod Haiders und die Reaktionen der Schweizer Presse darauf, gar nicht geschafft, hier zu verarbeiten...
Es ist aber in diesem Trubel etwas anderes geschehen, was durchaus mitteilenswert erscheint, falls Basel in seiner Wildheit und Gefährlichkeit mal wieder unterschätzt werden sollte. Ich bin, obwohl ich brav meine Monatstickets für den Basler ÖPNV bezahle nahezu vom öffentlichen Verkehr abgeschnitten worden. Der Voltaplatz, der schon seit mehr als drei Jahrzehnten umgebaut wird und damit die größte und älteste Baustelle Basels ist, hat neuerlich bewiesen, daß er ein wichtiger Verkehrsknoten ist, als man begann, die Tramgleise zu erneuern. Für mich, der ich nur eine Station entfernt wohne hat das zur Folge, daß ich von der Innenstadt fast abgeschnitten bin, wohin ich sonst zwei Linien zur Verfügung hatte, zu kleine Ersatzverkehrbusse, die andere Strecken fahren, aufgehobene Haltestellen, nichtfunktionierende Anschlüsse, andere Fahrzeiten usw. nerven mich und machen den Fußweg schneller als die Fahrt mit dem Tram. Eigentlich komme ich nur noch problemlos zum Schweizer Bahnhof. Auf dieser Strecke gibt es ebenfalls eine Baustelle und da hat sich kürzlich eine weitere Sperrung ereignet, weil ein Bagger das vorbeifahrende Tram im schönsten Berufsverkehr aufgeschlitzt hat. Ich dachte immer, man lebt hier gefährlich, weil die Trams in soo dichter Folge fahren, daß man in der Innenstadt die Straßen nur unter Lebensgefahr queren kann. Aber nein, das Fahren in den Trams ist ein viel größeres Wagnis. Bilder gibt es hier.
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Freitag, 10. Oktober 2008

Frühstücken

Gestern mal wieder getan: Mit dem Schweizer Freund ein ausführliches Frühstück bei mir. Es gibt nichts schöneres als einen freien Tag so zu beginnen. Frische Backwaren wie Buttergipfeli (Croissants) und Schokkiweggli (Brötchen mit Schokoladensplittern) von Frau Brandl, dazu fünf leckere Käsesorten, etwas Schinken und viel Obst sowie den vorzüglichen Lemon Curd aus der Fine Food Serie vom Coop... Da kann das Frühstück schon mal fünf Stunden andauern.
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Berlin, Basel und ich

Ein Berliner in der Fremde

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