Die Schweizer haben mal wieder abgestimmt. Diesmal wieder ein paar spannende Themen dabei, wie zum Beispiel eine Wegweisungsinitiative (weg wie fort, nicht weg wie Pfad übrigens), in der es darum ging, daß den Gesetzeshütern erlaubt werden solle, verdächtige Elemente (Gewalttäter, Penner, Demonstranten) ohne vorgefallene Straftat eines öffentlichen Ortes verweisen zu können. Mit weit über 70% haben die Basler zugestimmt! aber sie haben ja auch freiwillig vor einigen Jahren eine Sperrstunde eingeführt...
Außerdem gab es eine Initiative "Demokratie vergrößern", das Wahlrecht ab 16 Jahre sollte ermöglicht werden. Auch hier hat die Schweiz wie erwartet entschieden: mit einem "Nein".
Am spannendsten für mich war die Abstimmung über die Personenfreizügigkeit, will heißen, daß EU-Bürger in der Schweiz arbeiten und wohnen dürfen, wie man es inzwischen auch innerhalb der gesamten EU kann. Dies wurde im Vorfeld heiß diskutiert und das Stimmvolk mit
Plakaten und Postwurfsendungen umworben.
Die weißen Schäfchen vom letzten Jahr, die ein schwarzes Schaf von der schweizer Landkarte schubsen, wurden durch Raben ersetzt, die sich von außen kommend auf die kleine Schweiz stürzen.
Trotz derartiger Angstkampagnen haben die Schweizer mit knapp 60% für die Weiterführung der bilateralen Verträge mit der EU
gestimmt. Besonders positiv die westschweizer Romands und die beiden Basel (Basel Land und Basel Stadt), die sich gerne mal wie die frankophonen Schweizer verhalten und eben kein typisches deutschschweizer Verhalten zeigen. Vor allem die Tessiner und ein paar deutsche Landkantonen haben gegen diese Initiative gestimmt. Ich bin aber doch recht froh, in Basel nur von 30% der Bevölkerung nicht gern gesehen zu werden...
Nachtreise - 8. Feb, 17:44
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Nein, kein falsch aufgeschnappter Titel eines russischen Klassikers sondern die Überschrift für meinen Tag.
Seit heute 13 Uhr mitteleuropäischer Zeit wissen wir, daß etwa 98% der schweizerischen stationären, mobilen und Wassersirenen einwandfrei funktionieren. Das melden die schweizer Nachrichten seit dem Nachmittag. Jeden ersten Mittwoch im Februar werden nämlich sämtliche
Sirenen getestet, so auch heute für circa 10-15 Minuten. Ich war zu der Zeit gerade im frühlingshaften Süddeutschland und habe zum Glück nichts davon mitbekommen. Mich erinnert der Gedanke aber an meine Kindheit, als jeden Mittwoch um 13 Uhr die Sirenen in dem kleinen niemals in einen Krieg verwickelten Staat in Stadt und Land getestet wurden. Nur muß man in der Schweiz zusätzlich auch wissen, welcher Schutzraum der nächste ist. Jeder Einwohner hat einen gesetzlich festgelegten Platz in einem Bunker, für den Fall, daß die Schweiz mal wieder angegriffen wird. In jedem Haus hängt ein amtliches Schild mit der Schutzraumzuweisung und man darf keinen neuen Wohnraum errichten ohne nachweislich freie Plätze für die zukünftigen Bewohner in einem Bunker. Die wie U-Bahneingänge anmutenden von einem Häuschen überdachten Treppenabgänge auf Basler Straßen sind die Eingänge zu solchen Schutzräumen, denn Basel hat gar keine U-Bahn, so etwas gibt es in der ganzen Schweiz einmalig nur bei den Romands in Lauanne und wurde erst im September 2008
eingeweiht.
Soweit zum Thema Krieg.
Auf dem Heimweg kaufe ich mir ein paar Tulpen für den Eßtisch und laufe pfeifend die Straße entlang, bis ein Metaller mit Kapuzenshirt und Pitbull mich auf die Blumen deutend und grinsend fragt: "Bisch wohl verliäbt?" Und diese fast anzügliche Frage auf offener Straße von einem Schweizer!
Nachtreise - 4. Feb, 20:02
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Ich habe Stadtplanung in Deutschland studiert. Dabei ging es nicht nur aber auch um die Aufwertung von Wohnvierteln, besondes sogenannten Brennpunkten oder Problemvierteln. Für Basler Verhältnisse lebe ich in einem solchen Viertel. In meiner Berliner Heimat entspräche das Basler St. Johanns Quartier dem Bezirk Neukölln oder auch Wedding. Es gibt hier einen hohen Ausländeranteil in unsanierten Altbauten und ich habe auch schon einmal eine Schlägerei beobachtet. Kürzlich ist meine Tramlinie umgeleitet worden und man hat angekündigt die Gleise aus der alten Trasse zu entfernen und die Straße umzugestalten. Ich habe von breiteren Gehwegen geträumt, von Bäumen (die dieser Straße wie den meisten Basler Straßen fehlen). Das Wort "umgestalten" hat also meine Phantasie beflügelt und in meinem Kopf die bestmögliche Variante der Gasstrasse entstehen lassen.
Aber nichts da oder "Pustekuchen" wie Loirinha zu sagen pflegt. Man hat zwar die alten Gleise herausgerissen, was in Berlin niemals passiert wäre, da liegen heute noch Gleise aus den 20er Jahren im Kopfsteinpflaster. Man hat also die alten Gleise entfernt und dann einfach Asphalt ausgegossen. Damit hat man eine breitere Fahrbahn gewonnen, die man dann zu zwei Dritteln in Parkplätze umgewandelt hat. Eine wegen der Vorliebe für Asphaltierung und praktische Lösungen typisch schweizerische Umgestaltung. Selbst im Innenstadtbereich wird mit Vorliebe auch auf Gehwegen Asphalt verwendet, weswegen Regenwasser häufig nicht einfach versickert sondern als möglichst flächendeckende Pfütze stehenbleibt. Diese Lösung scheint hier auch kaum jemand als häßlich zu empfinden. Sie ist eben praktisch weil schnell und preiswert. Und die Durchgrünung der Städte scheint auch kein Thema zu sein. Immerhin gab es im St. Johann auch Initiativen, Kletterrosen zu pflanzen, um das Viertel wenigstens mit etwas Straßengrün aufzuwerten. Ohne einige private Vorgärten hier und da wären die Basler Straßen oft sehr trist.
Aber, schnell ging sie wirklich, die Umgestaltung.
Nachtreise - 30. Jan, 21:44
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Gott lenkt. Wieder so ein Sprichwort. Warum es mir heute durch den Kopf geht? Nun, die große Freundin und ich hatten dolle Pläne geschmiedet rund um ihre Ausstellungseröffnung im Frankfurt am Main. Ein schöner Anlaß, das Kunstgeschichtskleeblatt nach knapp zwei Jahren aus Berlin, Portugal und der Schweiz in Frankfurt erstmals wieder zu vereinen.
Und weil Frankurt und Basel ja "nur" 2,5 Stunden von einander entfernt sind (so ändern sich die Relationen), wollten wir gemeinsam nach Basel reisen und auch hier gemeinsame Tage anschließen. Diese Pläne hat ein Zahn gesprengt. Mein Zahn. Pünktlich zur Nacht vor der Abreise fängt er an zu muckern und zu nerven. Unerträgliche Schmerzen. Zwei Nächte nahezu schlaflos. Nun sitze ich in Basel, statt in Frankfurt, habe einen Zahn weniger und hole die drei Mädels morgen nach dem dritten Arzttermin vom Zug ab, in der Hoffnung, die übertriebene Anästhesie läßt mich bis dahin wieder sprechen...
Aber das Gute ist, ich kann mich ohne die Schmerzen wieder konzentrieren und lesen oder DVD's schauen, immerhin.
Essen wär auch mal wieder toll.
Nachtreise - 22. Jan, 13:48
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Von Anbeginn bin ich stolz auf Brandl's Confiserie bei mir um die Ecke. Wirkliche Leckereien, ein stadtbekannter Guggelhupf und eine charmante alte Chefin, die mich zu fast jedem Kauf überreden kann. Als ich zum Beispiel am 19.12. für meine Schwester in Berlin einen Grätima mitnehmen wollte (ein traditioneller Nikolaus aus Hefeteig mit Mandeln, Rosinen und Hagelzucker verziert), teilte sie mir einfach mit, daß der Grätima sich für dieses Jahr zur Ruhe gesetzt habe und erst im nächsten wiederkäme, aber ich könne eine ihm ganz ähnliche Tanne mitnehmen, was ich brav tat. Wie oft habe ich einen größeren Guggelhupf als nötig gekauft, Pralinen und mir fremdes Gebäck probiert und versucht über alberne Bezeichnungen wie Schlumpi (Brötchen) und Gipfeli (Chroissants) hinwegzusehen. Doch nun hat sie mich enttäuscht. Erst hatte Brandl über den Jahreswechsel geschlossen und nun auch noch am Sonntag. Bisher gab es keinen Ruhetag, immer habe ich köstliche Naschigkeiten oder freundliche Worte bei Frau Brandl gefunden.
Meine neueste Enttäuschung hat sie nun gestern nachdem wir uns ein frohes neues Jahr gewünscht haben mit einem Sunnenrädeli fast ausgebügelt, einer radförmigen Milchbrezel mit Kümmelbestreuung, die sie mir fröhlich zum sofortigen Verzehr schenkte.
Nachtreise - 11. Jan, 20:49
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Das war gestern keine schöne Ankunft in Basel. Aus Barcelona kommend mit Sonnenschein und 15°C war es ein Schock die Stadt verschneit zu sehen (Das hatten wir bisher so gut wie nie tagsüber und erst recht nicht mehrere Tage hintereinander!!), so dunkel zu sehen (Schon vor 16 Uhr herrschte hier die totale Nacht!) und dann diese Kälte zu spüren! Bei der Ankunft waren es bestimmt -5°C! Bisher habe ich kaum Minusgrade in dieser Stadt erlebt, wenn dann nur nachts etwas um den Gefrierpunkt. Da war sie endlich, die trockene Kälte, die ich von Berliner Wintern kenne. Trotzdem ein Temperatursturz um fast 20°C. Und dann das Telefonat mit den Eltern, die Artikel in den Zeitungen, daß in Berlin selbst am Tage Temperaturen um -20° C gemessen wurden, daß es in Sachsen oder Bayern sogar auf knapp -30° C fiel. Unglaublich!
Auf jeden Fall eine Ankunft, die Freude macht!
Nachtreise - 7. Jan, 20:08
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So oder so ähnlich im Wortlaut als Familiensprichwort aber hundertprozentig so in meiner Erfahrung. Die Gästerunde vom vergangenen Jahr wurde um zwei Neulinge erweitert und trotz oder wegen der Wiederholung war es ein wunderschöner, vertrauter, lustiger, lebendiger und rührender Jahreswechsel in Basel.
Die direkte Kollegin vom Museumsshop hatte ja schon letztes Jahr nur ein Kopfschütteln dafür übrig, daß junge Leute aus Berlin tatsächlich an Sylvester nach Basel kommen. Daß dieselben Leute im darauffolgenden Jahr wiederkommen und es sogar noch mehr werden, hat sie kaum verkraften können. Dafür hat sie uns selbstgebackene
Brunsli gereicht, die wirklich meine Meinung über diese Basler Weihnachtsspezialität geändert haben.
Ansonsten konnte ich bemerken, daß ich mit meiner Bekanntheit in Basler Museen schon für ein paar freie Eintritte und Rabatte sorgen kann. Freu! Das anrührendste blieb aber das Anstoßen unter dem großen Geläut des Basler Münsters - nach Turmblasen und Singen ein bewegter Moment.
Euch allen ein frohes neues Jahr, vergeßt Eure Vorsätze nicht all zu schnell, meist sind sie ja sinnvoll. Mein Vorsatz für das neue Jahr: Vom (im Vergleich zum Studium) spärlichen Urlaub diesmal auch alle Tage nehmen und nicht wieder die Hälfte übrig lassen!
Daher verbringe ich die ersten 6 Tage des neuen Jahres in Barcelona... ;)
Nachtreise - 1. Jan, 20:06
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Berlin zu Weihnachten ist wunderbar. Auch wenn es keine "typische Weihnachtsstadt" ist, so genieße ich doch immer die Linden, die Friedrichstraße und den Kurfürstendamm mit ihren Beleuchtungen. Hier ist es weniger Puppenstube wie in Basel, Berlin repräsentiert. Ich kann diese Großzügigkeit gut genießen. Um ein wenig der berühmten Besinnlichkeit zu erreichen hatte ich alle Geschenke zuvor in Basel besorgt, daß heißt, eine Menge auch über den großen bösen Internetversand mit A, der immer die Buchläden bedroht. Aber Einkaufen in Basel ist furchtbar, man wird geradezu gezwungen, alles im Netz zu kaufen. Die Geschäfte schließen vor meinem Dienstschluß und sind meistenteils so klein, daß man sowieso alles bestellen muß, ergo bleibt in Städten dieser Größe nur das Internet. Aber, ich habe mich ganz traditionell in Berlin auch dem Kulturkaufhaus an der Friedrichstraße hingegeben. Mit der Gewissheit, alle Geschenke zu haben, macht es dort riesigen Spaß zu stöbern. Man kann seine Garderobe abgeben, hat Fauteuils, in die man sich zur Probelektüre fallen lassen kann und ist nach dem zurückgezogenen Leben in der Schweiz mal wieder richtig unter Menschen...
Prompt habe ich eine Schulfreundin getroffen.
Ansonsten war ich wieder sehr sparsam mit dem Verabreden, um für jeden und eben auch für mich und meine Familie genügend Zeit zu haben.
Zeit, die wir in erster Linie essend und singend verbracht haben. Neben dem sagenhaften Verzehr von Lammfleisch, Karpfen, Gans, Schwein, Rindsrouladen und Ente an nur drei aufeinanderfolgenden Tagen wurde insgesamt fast 4,5h weihnachtliches gesungen. Dabei ist es seit 1995 das erste Jahr, in dem ich nicht das Weihhnachtsoratorium von Bach mitgesungen habe. Merkwürdig, es dann am 24. nur zu hören... Und merkwürdig auch, sich mit all den vielen Menschen zu Weihnachten auf den Weg zu machen. Wie habe ich es stets genossen, an dem Ort zu leben, an welchem auch meine Familie feiert und sich nicht dieser erzwungenen Reisewelle auszusetzen. Aber schön ist es auch, den Koffer schon einige Tage zuvor zu packen und zu wissen, alles ist bereit, ich kann den Alltag zurücklassen und werde freudig erwartet.
Ich hoffe, auch Ihr hattet alle ein schönes Weihnachtsfest mit der entsprechenden Portion Glitzer, Melancholie und Freude...
Nachtreise - 27. Dez, 20:04
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