Sonntag, 8. August 2010

Wurzeln suchen

Grundsätzlich fühle ich mich ja noch immer als Berliner und wenn ich hier davon spreche, wie es "bei uns" läuft, beziehe ich mich damit immer auf meinen Lebensmittelpunkt, wie es ihn bis vor drei Jahren gegeben hat.
Zum Geburtstag war nun endlich einmal die ganze Familie mit Eltern und Schwester in der Schweiz beisammen und im Vorfeld haben wir uns auf die Spuren der Vorfahren begeben. Viel bleibt nicht von ihnen. Geburtsurkunden, Sterbescheine, Hochzeitsdaten. Immerhin läßt sich mein namensgebender Familienteil bis 1779 zurückverfolgen mit Namen und Wohnorten, wobei das Emmental um Trachselwald und Langnau mehreren Generationen Heimat bot. Auch mein Großvater hat hier gelebt, bevor er mit knapp 20 Jahren 1919 nach Pommern ausgewandert ist, um der damaligen Armut der schweizer Bergwelt zu entgehen. Pommern und Westpreußen, wo sich die Großelternpaare fanden, sind von der Geschichte fortgefegt und so konnten sich meine Eltern in Mecklenburg treffen und schließlich vor meinem Auftritt nach Berlin ziehen. Und nun lebe ich, der ich mich immer als Berliner und zumindest als Norddeutscher fühle, nur eine Stunde vom Ursprungsort eines meiner vier Großeltern entfernt. Und schön ist es dort. Auch wenn der rauhe Norden mit Meer und Wind, flacher Landschaft und weitem Blick noch immer mein Sehnsuchtsort ist, so ist es auch schön, hier weit entfernt von dem gewohnten und liebgewonnenen ein Haus gefunden zu haben, welches friedlich am Berghang über saftig grüne Wiesen schaut und in welchem vielleicht Teile von mir einmal zuhause waren.
Seltsam und gut zugleich.
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Dienstag, 8. Juni 2010

Hausfest

Wie jedes Jahr haben unsere Hausbewohner am letzten Samstag ein Hausfest organisiert. Der Antifa aus der Studenten-WG vom Parterre und der gleichalte Historiker über mir haben eine Liste im Hausflur aufgehängt und jeder konnte seine kulinarischen Beiträge ankündigen. Darunter Türkischer Kartoffelsalat, mediteraner Nudelsalat und mein legendärer Russischer Zupfkuchen. In der Schweiz (und auch in Russland) kennt man diesen Kuchen nicht. Meine Erklärungsversuche, es handle sich im Prinzip um einen Käsekuchen erwirken bei den meisten Schweizern ein Missverständnis. Käsekuchen gibt es hier nicht, aber Chäswaihe, eine Art schweizerische Käsepizza, aber eben nicht süss sondern herzhaft... Am Ende, nach dem Verzehr, sind aber alle immer sehr begeistert...
So hatte ich auch diesmal wieder diesen Kuchen geplant.
Im Hof werden Tische und Stühle bunt aus allen Wohnungen gemischt, von Plastik bis Kristall, von Alu bis Silber ist alles an Geschirr und Besteck vertreten, ein bunter Haufen aus Studenten, jungen Berufsanfängern und Künstlern sammelt sich um den Tisch. Und als High-light kommen unsere Hausältesten, ein einfaches Paar weit jenseits der 60 dazu. Sie bringen Kaffe und knapp 10 Flaschen selbstgebrannten. Grappa, Pflaume und so besondere Tropfen wie Kirschlorbeerschnaps... abgefahren.

Ein echt lustiger Abend mit neuestem Tratsch und Klatsch aus Museen, Schulen, Uni, der Basler Linken und vor allem aus den Nachbarhäusern... Und? Wer ist einziger Deutscher im Haufen?
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Montag, 7. Juni 2010

Autist

Vergangenes Wochenende war ein beschauliches. Am Samstag war ich in Basel im Schwimmbad, am Sonntagnachmittag zur Oper in Zürich mit anschliessendem Spaziergang am See. Alles nett und beschaulich. Heute morgen im Tram öffne ich die Zeitung und sehe auf der linken Seite: "Im Basler Joggeli-Schwimmbad am Samstag 32-jähriger Mann verstorben" und auf der rechten Seite "Elefant vom Zirkus Knie ausgerissen, im Zürichsee gebadet und durch die Innenstadt gelaufen".
So was. Da war ich also dieses Wochenende an den Hotspots der Schweiz und habe es gar nicht bemerkt...

Muss ich mir Sorgen um meine Wahrnehmung machen?
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Dienstag, 1. Juni 2010

Käse-Igel oder wie man Schweizer quält

Grand-Prix. So richtig hab ich nie was davon mitbekommen, aber seit ich in Basel bin, schauen wir im kleinen Kreis. Dieses Mal war unser zweiter Abend. Aus irgendeinem mir nicht bekannten Grund in meiner Wohnung. Im letzten Jahr hatte ich das Siegerlied am Bücherregal diskutierend verpasst, denn die Lieder waren mir alle zu laut und zu hektisch.
Beide Jahre gab es Bowle und einen unglaublich klassischen Kartoffelsalat. Man fühlt sich der Wirtschaftswundermode und den Gründungszeiten des Grand Prix de la Chancon verpflichtet. In diesem Jahr wollten wir um einen Käse-Igel erweitern. Käse-Igel? das war das Stichwort. Alles zum Thema Käse fällt meiner Meinung nach in die natürliche Verantwortung der Schweizer Gäste. So wurde der ex-Mitbewohner damit beauftragt. Aber: Käse-Igel sind in der Schweiz ebenso wenig bekannt wie Käsekuchen. Zum Glück gibt es Wikipedia und mein Schweizer Gast konnte zum Grand Prix einen technisch perfekten, mit viel zu edlem Käse bestückten Käse-Igel vorweisen, der seinesgleichen sucht. Ein Hoch auf die Völkerverständigung!
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Montag, 24. Mai 2010

Basel ganz links?

Ich wohne im Neukölln Basels, in St. Johann. Aus Berliner Sicht ein beschauliches Viertel, für Basel ein Problemquartier. Über die Klingelschilder meines Hauses wurde vor einem Jahr mit einer Schablone gesprüht: "Folgende Mitbürger sind zum Klassenkampf aufgerufen:" und jedes Jahr wird an einer anderen Stelle im Viertel der Schriftzug gesprüht: "Heraus zum 1. Mai!" Das erinnert mich an das kleine Land, aus dem ich komme. Dort sagte man aber "Heraus zum revolutionären 1. Mai!". Auch die rote Fahne der Arbeiterschaft von einer hochgereckten Faust geschwungen ist mir von daher als Motiv bekannt.
Nun grenzt St. Johann fast an das immer mal recht rote Frankreich. Nur ein kleiner Streifen liegt zwischen dem Viertel und der Grenze, der von dem Pharmakonzern Novartis genutzt wird. Diese Firma ist neben La Roche eine der Grundfesten des Basler Wohlstandes. Der Konzern hat hinter Mauern einen eigenen Staat errichtet. Eine ganze Stadt, jedes Gebäude von einem anderen Stararchitekten errichtet, voller Kunstwerke und bestens ausgestattet, befindet sich dort. Die Öffentlichkeit bleibt draussen. Vor etwa einem Jahr wurde auch eine bis dahin öffentliche Strasse aufgekauft und ins Gelände integriert und eine neue Strassenbahnlinie verbindet nun nicht nur den schweizerischen und den französischen Bahnhof mit Novartis sondern auch den deutschen.
Damit einher geht die Veränderung des Viertels. Die Häuser werden saniert, Baulücken geschlossen und moderne Wohnkomplexe von bekannten Architekten errichtet. Grünflächen werden angelegt, Bäume gepflanzt, ein durchgehender Rheinweg bis nach Frankreich ist geplant. Das führt zum Anstieg der Mieten und den Austausch der Wohnbevölkerung. Dagegen regen sich Proteste. Schon im vergangenen Jahr wurden mehrfach einige Haltestellen und die Fenster neuer Geschäfte zerschlagen. Seit einigen Monaten steht an manchen Hauswänden "Wir nehmen uns, was wir brauchen" und "Wir bekommen, was wir wollen".
Seit kurzem gehen diese Tendenzen aber über das Viertel hinaus. Der Aufruf zum ersten Mai hat in Basel eine der grössten Maidemos der Schweiz zusammengebracht. Noch immer klein für Berliner Verhältnisse, aber immerhin, man hat einen Polizeiposten in Kleinbasel angegriffen und mit Farbbeuteln und Steinen beworfen. Das war für hiesige Verhältnisse sehr ungewöhnlich. Am Freitag vor Pfingsten hat man eine neue Stufe erreicht. In der Basler Einkaufsmeile in der Innenstadt, der Freien Strasse wurden auf einem längeren Abschnitt von mehreren hundert Metern sämtliche Schaufenster eingeschlagen. An den Hauswänden findet man Sprüche wie "Nieder mit dem Kapital!".
Das Erstaunlichste für mich: Die Nachrichten haben kaum davon berichtet, dabei erinnere ich mich noch an den Farbbeutelbewurf mehrerer Grossbanken während der Krise und dessen Niederschlag in der Berichterstattung. Damals empfand ich es als amüsant, wie ernst die Medien hier mit dem Thema umgingen. Diesmal ist es eher erschreckend, wie wenig von offizieller Seite dazu gesagt wird. Ich empfinde sowohl die Tat als auch das Schweigen als bedrohlich. Im Fernsehen und radio kaum Reaktionen, aber in der Neuen Zürcher Zeitung folgendes:
http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/vermummte_auf_saubannerzug_in_basler_einkaufsstrasse_1.5778916.html
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Nase vorn!

Mit dem Pfingstwochenende haben wir den Sommer wieder und sind in Basel sogar vor dem Tessin mit den höchsten Temperaturen der Schweiz bedacht. Bei 27°C sind die Parks und das Rheinufer Basels überfüllt. Die Klyybasler Rhyviera hat Hochsaison!
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Dienstag, 11. Mai 2010

Ich komme

Ob es regnet oder schneit, ob die Vulkane Asche spucken oder die Franzosen streiken, das kommende Wochenende bin ich in Berlin! Und endlich gibt es auch wieder einen Abstecher nach Greifswald!
Juhuu!

Ich frage mich nur, ob es so strahlenden Sommer-Himmel wie im März geben wird?
Zeughaus-Fernsehturm
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Sonntag, 9. Mai 2010

Sommer?

Eine Woche ununterbrochener Regen liegt hinter Basel, eine Woche ununterbrochener Regen steht uns noch bevor. Unerbittlich. Vielen Dank auch!

Gut, dass es im Museum so viel zu tun gibt und fürs Wochenende schöne Ausstellungen über Albert Anker und Edward Burne-Jones in Bern.

Abendbrot am Rhein oder im Kannenfeldpark wäre aber auch schön...
Ach, Mensch.
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Donnerstag, 29. April 2010

Sommer

33°C!
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Berlin, Basel und ich

Ein Berliner in der Fremde

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