Montag, 1. Juni 2009

Heidireise

Wie Heidi bin auch ich wieder aus der Schweiz nach Frankfurt gereist. Meine Clara sitzt nicht im Rollstuhl, sondern ist die große Freundin, die in einem dortigen Museum zur Eröffnung geladen hatte. Frankfurt ist nicht sehr groß, aber es ist von Basel aus gefühlt inzwischen etwas mehr Heimat, als es von Berlin aus war. Ich muß mich nicht ständig wegen meiner Sprache schämen und als Ausländer fühlen. Ich fühle, ich gehöre dazu und darf kritisieren ohne deswegen in Gefahr zu laufen, pauschal nur weil ich ein Deutscher bin als arrogant abgeurteilt zu werden. Auch die Zusammensetzung der Bevölkerung mit einem größeren Anteil um die 30 kommt mir vertrauter vor als in Basel. Aber das beste ist, dort jemanden zu kennen, den man schon lange kennt. Meine Basler Freundschaften sind längst nicht alle so zeiterprobt wie die zur großen Freundin, die dort übrigens Beeindruckendes auf die Beine gestellt hat.
Darf man auf jemand anderen stolz sein?
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Gabriela (Gast) - 4. Jun, 15:32

ernst gemeinte Frage

Das würde mich jetzt wirklich wunder nehmen: Erlebt ein Berliner in Basel tatsächlich, dass er sich wegen seiner Sprache schämen muss? Wie und wo ist Arroganz spürbar, wenn man als Deutscher etwas zu kritisieren "wagt"? Das fragt eine Schweizerin mit vielen deutschen Bekannten in Basel, die bisher vielleicht entweder blind oder unsensibel war.
Bitte, ich meine es wirklich ernst: Sind das Begegnungen in der Migros, auf dem Bahnhof, im Konzert oder im Restaurant beim Essen mit Freunden?
Mir fällt es schwer, in diesen Kategorien (Ausländer, Inländer) zu denken, erst recht, wenn es doch eigentlich keine Sprachbarriere gibt. Aber eben: Vielleicht macht Inländersein blind dafür, was andere erleben.
Bin gespannt
Gabriela

Nachtreise - 14. Jun, 17:13

Liebe Gabriela,
es ist eine meiner überraschendsten Erfahrungen in Basel gewesen, daß Schweizer häufig (längst nicht alle und ich möchte nicht wissen, wie es bei den Deutschen ist) große Resentiments gegenüber uns Deutschen hegen. Die Sprache ist dabei eine der größten Barrieren, da wir denken, es wäre ein gleicher/ähnlicher Kulturkreis, die Schweizer aber sehr auf den Unterschied beharren. Ich bin aus Deutschland verschiedenste Dialekte gewohnt, die auch positiv oder negativ konotiert sein können, da ich aber relativ dialektfrei spreche, falle ich in der Schweiz sofort auf. Deutsche sind hier nicht sehr beliebt und man hat da zumeist erstmal einen Minuspunkt, bevor die Person einen wirklich kennenlernen konnte. Das war ich bisher nicht gewohnt. Und selbst bei lieben Schweizer Freunden schwingt ab und an (ohne daß sie mich persönlich meinen) eine solche Ablehnung und die Verwendung entsprechender Klischees mit. Deutsche seien eben arrogant, laut, selbstbewußt bis selbstdarstellerisch und überschätzten sich stets. Gleichzeitig machten sie sich über die Schweiz und ihre Einwohner samt Sprache lustig. So versuche ich, dann immer eine Spur netter zu sein, als ich es normalerweise sein würde, in den Trams möglichst gedämpft zu sprechen usw.
Es fiel mi umso schwerer das zu akzeptieren, da Schweizer in Deutschland sehr beliebt sind...
Gabriela (Gast) - 17. Jun, 23:57

Ich finde eben deine Antwort und freue mich darüber.
Mich erstaunt es doch ziemlich, von dieser deine Wahrnehmung zu lesen, obwohl ich mir natürlich vorstellen kann, dass man als Ausländer nicht nur dort wahrgenommen wird, wo ich mich aufhalte! :-)
Ich war während des Studiums in Basel die einzige Schweizerin in meiner Klasse, war umgeben von Deutschen, die Sprache war oft Thema, wir haben oft über die Vielfalt und über Missverständnisse gelacht ("Züge" z.B. :-)), hatten einen begnadeten Dialektimitator unter uns. Aber dass die Sprache die Wertschätzung beeinflusst hätte, das habe ich nicht erlebt.
Wahrscheinlich muss man da in der Geschichte in Verletzungen und Abgrenzungsmuster der letzten und vorletzten Generation zurückgehen, um verstehen zu können.

Oder Musiker sind es einfach gewohnt, in einer "universelleren Sprache" zu sprechen! - womit ich selber wohl auch wieder überheblich wirke!

Ich hoffe, deine Baslerzeit stehe nicht heuptsächlich unter diesem Ausgrenzungs-Stempel-Stern. Würde mich für die Schweizer ehrlich gesagt schämen.

Gabriela

Nachtreise - 18. Jun, 14:04

Nein, nein, nein

ich bin kein ängstlicher sondern ein offener freundlicher Mensch. Ich fühle mich wohl in Basel und der Schweiz. Es ist aber immer besser, über diese Animositäten und Vorurteile bescheid zu wissen, damit man nicht allzusehr davon überrascht wird.

Berlin, Basel und ich

Ein Berliner in der Fremde

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