Berlin - Basel

Montag, 24. Mai 2010

Basel ganz links?

Ich wohne im Neukölln Basels, in St. Johann. Aus Berliner Sicht ein beschauliches Viertel, für Basel ein Problemquartier. Über die Klingelschilder meines Hauses wurde vor einem Jahr mit einer Schablone gesprüht: "Folgende Mitbürger sind zum Klassenkampf aufgerufen:" und jedes Jahr wird an einer anderen Stelle im Viertel der Schriftzug gesprüht: "Heraus zum 1. Mai!" Das erinnert mich an das kleine Land, aus dem ich komme. Dort sagte man aber "Heraus zum revolutionären 1. Mai!". Auch die rote Fahne der Arbeiterschaft von einer hochgereckten Faust geschwungen ist mir von daher als Motiv bekannt.
Nun grenzt St. Johann fast an das immer mal recht rote Frankreich. Nur ein kleiner Streifen liegt zwischen dem Viertel und der Grenze, der von dem Pharmakonzern Novartis genutzt wird. Diese Firma ist neben La Roche eine der Grundfesten des Basler Wohlstandes. Der Konzern hat hinter Mauern einen eigenen Staat errichtet. Eine ganze Stadt, jedes Gebäude von einem anderen Stararchitekten errichtet, voller Kunstwerke und bestens ausgestattet, befindet sich dort. Die Öffentlichkeit bleibt draussen. Vor etwa einem Jahr wurde auch eine bis dahin öffentliche Strasse aufgekauft und ins Gelände integriert und eine neue Strassenbahnlinie verbindet nun nicht nur den schweizerischen und den französischen Bahnhof mit Novartis sondern auch den deutschen.
Damit einher geht die Veränderung des Viertels. Die Häuser werden saniert, Baulücken geschlossen und moderne Wohnkomplexe von bekannten Architekten errichtet. Grünflächen werden angelegt, Bäume gepflanzt, ein durchgehender Rheinweg bis nach Frankreich ist geplant. Das führt zum Anstieg der Mieten und den Austausch der Wohnbevölkerung. Dagegen regen sich Proteste. Schon im vergangenen Jahr wurden mehrfach einige Haltestellen und die Fenster neuer Geschäfte zerschlagen. Seit einigen Monaten steht an manchen Hauswänden "Wir nehmen uns, was wir brauchen" und "Wir bekommen, was wir wollen".
Seit kurzem gehen diese Tendenzen aber über das Viertel hinaus. Der Aufruf zum ersten Mai hat in Basel eine der grössten Maidemos der Schweiz zusammengebracht. Noch immer klein für Berliner Verhältnisse, aber immerhin, man hat einen Polizeiposten in Kleinbasel angegriffen und mit Farbbeuteln und Steinen beworfen. Das war für hiesige Verhältnisse sehr ungewöhnlich. Am Freitag vor Pfingsten hat man eine neue Stufe erreicht. In der Basler Einkaufsmeile in der Innenstadt, der Freien Strasse wurden auf einem längeren Abschnitt von mehreren hundert Metern sämtliche Schaufenster eingeschlagen. An den Hauswänden findet man Sprüche wie "Nieder mit dem Kapital!".
Das Erstaunlichste für mich: Die Nachrichten haben kaum davon berichtet, dabei erinnere ich mich noch an den Farbbeutelbewurf mehrerer Grossbanken während der Krise und dessen Niederschlag in der Berichterstattung. Damals empfand ich es als amüsant, wie ernst die Medien hier mit dem Thema umgingen. Diesmal ist es eher erschreckend, wie wenig von offizieller Seite dazu gesagt wird. Ich empfinde sowohl die Tat als auch das Schweigen als bedrohlich. Im Fernsehen und radio kaum Reaktionen, aber in der Neuen Zürcher Zeitung folgendes:
http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/vermummte_auf_saubannerzug_in_basler_einkaufsstrasse_1.5778916.html
447 mal gelesen

Dienstag, 11. Mai 2010

Ich komme

Ob es regnet oder schneit, ob die Vulkane Asche spucken oder die Franzosen streiken, das kommende Wochenende bin ich in Berlin! Und endlich gibt es auch wieder einen Abstecher nach Greifswald!
Juhuu!

Ich frage mich nur, ob es so strahlenden Sommer-Himmel wie im März geben wird?
Zeughaus-Fernsehturm
376 mal gelesen

Donnerstag, 29. April 2010

Sommer

33°C!
354 mal gelesen

Sonntag, 20. Dezember 2009

Weiße Weihnacht

Als ich am vergangenen Freitagmorgen in Schönefeld aus dem Flugzeug steige, wirbeln Schneeflocken über die Flugbahnen. Berlin ist weiß. Und noch immer schneit es, leichter und luftiger Schnee, Minusgrade kurz vor -20°C, ein Schock nach den Basler Temperaturen knapp unter Null, die im dortigen Wetterbericht als Kältewelle bezeichnet wurden. Tatsächlich war die Nacht zum 4.Advent in Basel die kälteste seit 1964. Die Basler sind dabei mißmutig und schlecht gelaunt.
Berlin nimmt's gelassen, es ist trotz der Kälte mehrheitlich sonnig. Alle Welt trägt Kanninchenfellschapkas, von denen ich als Kind auch zwei hatte. Nicht unpraktisch und anscheinend zum modischen Accesoire mutiert.
Alles als führe man in die Weihnachtsferien... Schön.
569 mal gelesen

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Vorbereitungen

Wäsche waschen, Geschenke zusammentragen, Käse und Schokolade kaufen und eine Abwesenheitsnotiz im Outlook einrichten...
Draußen fällt Schnee, der den Boden nicht mehr berührt.
Vorbereitungen, vom 18.-29.12. geht es nach Berlin.
374 mal gelesen

Montag, 7. Dezember 2009

...

Ich wundere mich über mich selbst. Das Schneechaos in der Schweiz nur 50 km von Basel entfernt hat sich hier gar nicht ausgewirkt. 10°C und leichter Regen. Das ist alles. Ich habe die Heizung wieder abgestellt. Es ist zu warm.
Trotzdem, ich trinke Tee, die selbstgebackenen Plätzchen (mehrheitlich nach traditionellen deutschen Rezepten) vom 1. Advent locken, festliche Musik und Weihnachtsschmuck. In diesem Jahr komme ich auch ohne Frost und Schnee in Weihnachtsstimmung. Nichts in uns scheint tatächlich endgültig programmiert zu sein. Der Mensch gewöhnt sich anscheinend an die meisten Dinge und kann sie auch für sich selbst annehmen.
Und doch freue ich mich schon auf ein frostiges klares Weihnachtswetter in Berlin!
411 mal gelesen

Mittwoch, 25. November 2009

Kuh-Watching

Ah ja. In der deutschen Hauptstadt kann man sich als degenerierter, vom Lebenskreislauf entwöhnter Städter endlich Kühe im Stadtzentrum anschauen. Einen Artikel dazu gibt es hier.

In der Schweiz gibt es auch viele Tiere, die von den Einheimischen "Kühe" genannt werden. Nur sehen sie gar nicht so aus, denn sie sind in der Regel nicht schwarz-weiß sondern braun. Das sind dann wohl eher Pferde, oder?
452 mal gelesen

Montag, 9. November 2009

Seltsam

Heute vor 20 Jahren gegen 19.30 Uhr haben meine Mutter und ich nach dem Abendbrot den Fernseher angeschaltet, um des Vaters mikrophonhaltende Hand mit dem goldenen Ring in einer Pressekonferenz zu sehen. Während ich also fröhlich die Hand suchte, lauschte meine Mutter etwas interessierter, was Herr Schabowski zu sagen hatte. Und dann hörte auch ich hin, als nach einer merkwürdigen Äusserung ein westdeutscher Kollege meines Vaters direkt nachfragte und ein unsicheres "Ja" die Antwort war. Es war dunkel im Wohnzimmer, nur der Fernseher leuchtete bläulich bräunlich und wir waren ganz still.
Es war nicht ganz eindeutig, was da gesagt worden war. Die Nachrichten aus dem anderen Deutschland um 20.00 waren auch nicht klarer. Mein Vater, der dabei war, konnte nach seiner Rückkehr auch nichts genaueres sagen.
Es war Donnerstag und am darauffolgenden Freitag eine merkwürdige Stimmung in der Schule. Als ich am Samstag zur Schule ging, fehlten bereits einige Schüler in der Klasse, bei meiner Schwester waren nur einige gekommen, in anderen Schulen fehlten sogar die Lehrer. Spätestens da war es jedem klar, dass die zahlreichen Vorbeben dieses Herbstes in ein Erdbeben gemündet waren, welches dem ganzen Staat den Boden unter den Füssen fortriss. Ganz Berlin war an diesem Tag auf den Beinen, meine Familie auf dem Weg von Köpenick nach Steglitz, eine Freundin meiner Mutter besuchend. Berlin war noch geteilt, keine Verkehrsmittel fuhren über diese Grenze, den entscheidenden Schritt musste man noch wochenlang zu Fuss machen. Bis plötzlich wieder Züge auf der Stadtbahn fuhren, sich die Erde auftat und klar wurde, dass unter der Stadt jahrelang U-Bahnen fuhren, die hier in meinem Teil nicht hielten, durch Bahnhöfe, die noch im Zustand der Kriegszeiten waren, deren Eingänge einfach verschlossen worden waren und für uns hier lebende unsichtbar.
Nicht nur, weil ich Teenager war, war das kommende Jahr eines der aufregendsten in meinem Leben. Ich werde nie vergessen, dass alles vergänglich ist und wie leicht und schnell alle Autoritäten und Ideale in den Abgrund gestossen wurden, wie Denkmäler ausgetauscht und Strassennamen geändert wurden. Ich werde mich immer erinnern, wie plötzlich Phänomene wie Existenzangst und Armut umgriffen, wie wir als Familie in wenigen Jahren nahezu ganz Europa bereisten und wie meine Stadt sich verdoppelte und veränderte, von einer Aussenstelle der BRD und einer relativ unbedeutenden Hauptstadt eines kleinen Landes wieder zur gemeinsamen deutschen Hauptstadt wurde.
Diese Erlebnisse in den Schweizer Nachrichten zusammengefasst zu sehen, zu kleinen Teilsätzen Assoziationen zu haben, die anderen wohl für immer verschlossen bleiben, das ist seltsam.
322 mal gelesen

Mittwoch, 4. November 2009

Noch 50 Tage

Wie in jedem Jahr in Basel bin ich schockiert über den weihnachtlichen Eifer der selbsternannten Weihnachtsstadt der Schweiz. Ich habe heute auf jeder Seite der Mittleren Bücke je einen Weihnachtsbaum gesehen! Seit wann sie da stehen, kann ich nicht sagen, aber dass sie überhaupt heute schon dort stehen, ist erstaunlich genug! Meiner Meinung nach schmückt man erst nach Totensonntag und mal ganz grundsätzlich: Es sind noch 50 Tage bis Heilig Abend!
277 mal gelesen

Dienstag, 27. Oktober 2009

Neues Museum versus Opernhaus

Ganz traurig war ich, als ich gehört habe, dass das letzte Museum auf der Spreeinsel am 17.10. ohne mich eröffnet worden ist. Dabei habe ich 2,5 Jahre dort gearbeitet. Jetzt habe ich von meinem Vater eine Marathon-DVD mit allen Dokumentationen bekommen, die auf 3Sat zum Thema gelaufen sind, ich habe in der ZDF-Mediathek schon einiges verfolgt und nun habe ich den virtuellen Rundgang gefunden:
http://www.neues-museum.de/nm/index.html?r=vestibuel
Man kann sich drehen, nach oben und unten schauen, fast so als wäre man vor Ort. Das macht wirklich Spass! Und vielleicht gehen wir mit dem Kunstgeschichtskleeblatt vor Weihnachten gemeinsam und in real mal hin, oder?
Ausserdem ist Basel kürzlich Opernhaus des Jahres geworden und ich habe nahezu alle entscheidenden Inszenierungen gesehen. Das richtet mich ein wenig auf...
311 mal gelesen

Berlin, Basel und ich

Ein Berliner in der Fremde

Aktuelle Beiträge

Mönch in der Zelle
Oh wie habe ich mich gefreut, den Effizienzdruck im...
Nachtreise - 16. Sep, 08:38
Rutschpartie am Hönggerberg
Was soll ich sagen: Ich bin glücklich! Das Wetter in...
Nachtreise - 16. Sep, 07:28
Leben im Zug
Als Berliner kann ich pendeln grundsätzlich ersteinmal...
Nachtreise - 15. Sep, 03:01
Leben vor dem Zug
Wenn man täglich eine lange Strecke pendelt, dann stellen...
Nachtreise - 16. Mai, 01:08
Freitags TGV
Die Schweiz ist ein Pendlerland. Ausserdem arbeiten...
Nachtreise - 15. Mai, 13:42

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Links

Suche

 

Status

Online seit 6435 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 16. Sep, 08:38

Credits


Berlin - Basel
Grenzgeschichten
Gute Gründe zu gehen
Helvetismen
Orgakram emotional betrachtet
Pendlergeschichten
Schweizer Leben
Tage wie dieser
WG-Leben
Zwischenleben
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren